Die letzten vielen Wochen waren ein Wechselbad der Gefühle und Gedanken. Schon gegen Ende meiner Radreise von Rheinsheim nach Sizilien (Radeln gegen Mobbing) hatte sich ein Impuls in meinem Kopf festgesetzt, den ich unmöglich „loswerden“ konnte. Als ich dann ein paar Tage in Palermo mit einer Freundin über diesen Impuls sprach, war absolut klar, scheiß drauf, ich mache das einfach.

Let´s be naive

Natürlich hab ich die Entscheidung völlig naiv getroffen und im Nachhinein ist das so genau richtig gewesen. Denn hätte ich zu viel darüber nachgedacht und schon von der Entscheidung viel Energie in die Recherche gesteckt, hätte ich mich womöglich eines besseren besinnt? I dunno! Aber ich rede hier ja um den heißen Brei, also auf zum Punkt: Ich werde mit dem Fahrrad in Rheinsheim starten und nach Japan radeln!

Boah, der Gedanke lässt meine Emotionen sowohl nach oben als auch unten hüpfen und spätestens seit letzter Woche fühlt sich die Reise auch bereits ziemlich real an. Letzte Woche habe ich nämlich mein individuell zusammengestelltes Sponsoring-Rad von LINY abgeholt, meinen zweiten Reisepass beantragt und bereits die ersten vier Reiseimpfungen in mein System gedownloadet.

Selbstzweifel als essenzieller Teil des Prozesses

Wie eine kleine Pflanze wächst seit dieser Woche jeden Tag das Selbstvertrauen, die Vorfreude und Euphorie. Während die Planung mich am Anfang erst einmal erschlagen hat, habe ich nun durch viele Stunden Recherche eine gewisse Zuversicht gewonnen. Das war in den letzten Wochen eher Mangelware, denn obwohl ich mich bereits zu der Reise entschieden hatte, hatte ich immer wieder sehr starke Selbstzweifel.

Kann ich das überhaupt? Was ist, wenn es mir doch kein Spaß macht? Wie komme ich mit dem Wildcampen auf Dauer zurecht? Wie gut gehe ich mit der Kälte um? Während ich mit der Entscheidung auf meinen Impuls meinem Herz gefolgt bin, hat schon kurze Zeit später der Verstand gekickt. Als Kopfmensch komme ich dann in sich immerzu wiederholende Schleifen, gefühlt ohne ein Ticken schlauer daraus zu werden.

Das hat ganz schön viel Energie gezehrt, ist aber ein wichtiger Teil des Prozesses. Jedenfalls sehe ich das so. Ich bin inzwischen schon so weit zu denken, dass dieser Prozess die eigentliche Arbeit, die eigentliche Herausforderung, ist. Denn wenn ich dann erst einmal auf dem Rad sitze, lösen sich all die Gedanken (in der Regel) in Luft auf. Auf den ersten Pedalenschlag folgt die Leichtigkeit und bis dahin heißt es für mich, sich auch bewusst mit den vielen eigenen Zweifeln anzufreunden.

It’s hot, äh cold, in here

Nun sind es noch gut und knapp zwei Monate bis zum Reisestart und mit meinem Starttermin im März habe ich mich auch bewusst für eine Konfrontation mit der Kälte entschieden. Ich als Warmduscher! Das wird ein sehr spannender Anfang werden und ich lerne gerade sehr viel Neues über die verschiedenen Schichtungsprinzipien (Zwiebel Ahoi!) von Kleidung, um sich bestmöglich an die Gegebenheiten, unter anderem Kälte, anzupassen.

Ich habe schon ein paar Testrides in der Kälte hinter mir, werde zwar sicherer, habe aber auch einen Heiden Respekt davor. Insbesondere, wenn sich zu der Kälte noch die Nässe und die Höhenmeter dazu gesellen. Und von alledem wird es genug auf diesen vielen tausenden von Kilometern geben. 😀

Warum ausgerechnet nach Japan?!

Einmal rüber nach Japan, das ist schon lange ein Traum von mir. Seit wann, kann ich gar nicht so genau sagen, aber spätestens seit meinen Aufenthalten in Asien habe ich das Gefühl, Asien erst mit einem Aufenthalt in Japan wirklich erlebt zu haben. Es gibt so vieles, dass mich daran interessiert, bei den Samurai angefangen, über die landschaftliche Vielfalt bis hin zu den kulturellen Eigenheiten des Landes.

Ich denke an Gerichte-Klassiker wie Sushi, Ramen und Miso Suppe, an die unzähligen Verkaufsautomaten, die so alltäglich wie Kirschblüten wirken, oder die unzähligen Animes und Mangas, die sich auch außerhalb von Japan flächendeckend verbreitet haben. Ein sehr konformes, sauberes Land auf der anderen Seite, ein schrilles und buntes Nischenleben, man denke an Cosplay, auf der anderen Seite. So jedenfalls existiert Japan in meinem Kopf.

Was ich außerdem spannend (und auch traurig!) finde und was für mich zusätzlicher Anreiz zur Reise war: Es ist heute alles andere als selbstverständlich noch von A nach B zu kommen, insbesondere wenn es über Ländergrenzen und Kontinente hinweggeht. Spannend also vor allem in dem Sinne, dass man sich sehr genau mit den aktuellen (sich ständig verändernden) Gegebenheiten auseinandersetzen muss.

Kinder sind die Zukunft

Dass man nicht mehr so leicht von A nach B gelangt, dafür sind in der Regel Konflikte und Kriege verantwortlich. Alle hegen irgendwelche Besitzansprüche, obwohl wir gar nichts von der Welt „besitzen“ können. Was mich dabei aber am meisten beschäftigt und nur allzu gern vergessen wird sind die ganzen Kinder- und Jugendlichen, die schon von klein auf mit unermesslichem Leid überschüttet werden. Mit Bergen von Steinen auf dem Rücken.

Kinder- und Jugendliche, die möglicherweise sogar noch nie gelernt haben, was es eigentlich heißt, Kind sein zu dürfen. Zu lachen, zu spielen und zu tanzen. Gerade, wenn ich dann meine zwei kleine, lachenden Nichten sehe, wird mir das manchmal allzu schmerzlich bewusst. Genau aus diesem Grund möchte ich auch, wie meine Radeln gegen Mobbing-Reise nach Sizilien, wieder Spenden für einen für mich wichtigen Zweck und damit für Kinder- und Jugendliche sammeln.

Entschieden habe ich mich dabei für War Child, da die gemeinnützige Organisation sich sowohl weltweit auch als vor Ort hier in Deutschland für Kriegskinder einsetzt und dabei einen sehr starken Fokus auf die mentale Gesundheit legt. Genau deswegen ist der Name auch Programm: Saddle for Peace (of mind)! Let´s ride!

Liebe,
Kevin


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